Musik baut Brücken

Pflegeheim als Konzertsaal - Ehrenamtliche lassen Instrument restaurieren und sorgen für Musik und Freude in beschützender Einrichtung

Das Matthias-Claudius-Heim des Diakonischen Werkes Würzburg e.V. ist eine geronto-psychiatrische Facheinrichtung, die schwer demenziell veränderten Menschen ein beschützendes Zuhause bietet. Die Einrichtung bietet 76 Bewohnern das Zuhause eines beschützenden Pflegeheimes.

Im Wintergarten steht seit Jahren ein historisches Klavier des Instrumentenbauers Maurer aus Karlsruhe, das eine ehemalige Bewohnerin vor vielen Jahren der Einrichtung vermacht hatte. Das Baujahr wird auf Ende 19. Anfang 20. Jahrhundert geschätzt. Das Instrument diente allerdings nur noch als ansehnliches Schmuckstück, denn der Zahn der Zeit und ein Wasserschaden hatten schwer an ihm genagt und es gänzlich unbespielbar gemacht.

Musik vermittelt Wohlbefinden und weckt Erinnerungen

Musik kann bei schwer demenziell veränderten Menschen ein Gefühl der Vertrautheit und des Wohlbefindens hervorrufen und auch oft lange verborgene Erinnerungen wecken. Deshalb war es für den Einrichtungsleiter Christian Meyer-Spelbrink nur schwer zu akzeptieren, dass dieses Schmuckstück nicht mehr erklingen sollte. Die Kosten für eine Renovierung und Aufbereitung wurden allerdings auf annähernd 10.000 Euro beziffert - zu viel für den Diakonieverein, der das Pflegeheim trägt.

Sparkasse, Kirchenvertreter und Privatpersonen spenden

Nur zu gerne nahm der Heimleiter daher den Vorschlag von Barbara Neudeck an, ehrenamtlich Unterstützer für die Wiederherstellung des Klaviers gewinnen zu wollen. Als Angehörige besucht sie das Matthias-Claudius-Heim fast täglich.

Ein Pfarrer aus dem Evang.-Luth. Dekanat spendete großzügig 2000 €, ein weiterer zog nach. Die Sparkasse Mainfranken Würzburg sagte einen weiteren Teilbetrag als Spende zu. Es folgten Pressemitteilung der Diakonie, nach und nach wurden nicht nur Geldgeber geworben, auch ein Kreis von Musikern nahm sich der Sache an.

Musikhochschule, Kirchenmusiker und Hobbyspielerinnen entdecken das Potential ihrer Musik neu

Bald waren nicht nur die gesamten Restaurierungskosten zusammengetragen, es ging auch zügig an Planungen für kleine Konzerte. Eine Dozentin der Musikhochschule Würzburg ergriff die Gelegenheit, Musik in diesem sozialpädagogisch außergewöhnlichen Umfeld zu machen. Auch der Kirchenmusikdirektor des Dekanats der Evang.-Luth. Kirche erkannte den Wert des Projekts. Hobbymusiker zeigten Interesse, gelegentlich kleinere Einlagen zu geben.

Das erste Mal seit langer Zeit

Am 29.2.2024 war es soweit: Das lange verstummte Juwel im Wintergarten war vom Klavierbauer instandgesetzt worden und konnte mit einem Konzert eingeweiht werden. Die ersten Hörenden waren nicht sensationell viele, aber sie waren sehr sehr erfreute Menschen! Mit der fröhlichen, geistlichen Musik wurde eine Brücke geschlagen, welche die demenziell erkrankten Senior*innen mit den Ausführenden und den weiteren Gästen tief verband, vielleicht wie schon lange nicht mehr. Angehörige zeigten sich tief bewegt, einige Bewohner sangen angeregt mit. Kirchenmusikdirektor Christian Heidecker und seine Frau Ramona Heidecker (mit Oboe) hatten ein kleines Konzert gegeben, sorgfältig vorbereitet von Barbara Neudeck, deren Mutter im MCH lebt. Es war zu spüren wie dankbar alle waren, Teil eines kleinen gesellschaftlichen Ereignisses zu sein, das man sich nicht mehr hatte vorstellen können. Das wird es nun wieder öfter geben!

Zur Nachahmung empfohlen: "Musik-baut-Brücken"

Ab sofort werden regelmäßig “Musik-baut-Brücken” - Konzerte, aber auch kleinere Klarvierstunden durch Aushänge im Haus und im Stadtteil bekannt gemacht. Gesucht und gefunden werden Menschen, die zum Spielen oder Hören, manchmal auch zum Abholen der Senior*innen aus ihren Zimmern die beschützende Einrichtung aufsuchen. Dadurch kommt Leben ins Haus, und die betagten Menschen darin werden wieder bewusster wahrgenommen.

Der eigentliche Erfolg

Das alte Instrument zu restaurieren war eine schöne Intuition - restauriert wurde aber weit mehr: Der gute Geist der ehrenamtlich Tätigen, der Hochbetagten, der Musizierenden und der Hörenden führte dazu, sich wieder zu finden. Ein schönes christliches Zeugnis über alle Vergesslichkeit hinweg, wer immer hier wen vergessen haben könnte. Das Engagement der Ehrenamtlichen hat vielen Hoffnung gemacht und bietet weiten Raum zu Nachahmung und Mitwirkung. Wenn dies aus einem geschlossenen Heim heraus möglich wurde, dann ist es überall möglich!

Veröffentlicht: 29. Februar 2024
Diakonisches Werk Würzburg e. V.